gedankenabschussrampen

2005, edding, montagefolie, stahlrahmen, gummiringe, 84 x 63 x 63 cm

Das Objekt „Gedankenabschussrampen“ ist vor dem Hintergrund von Grüners Beschäftigung mit physischer Raumerfahrung und kommunikativen Begegnungsorten – dem mobilen Ausstellungsprojekt travelling case, temporären Installationen von artifiziell ausgestatteten Frachtcontainern in öffentlichen Räumen diverser Ballungszentren in Europa und Asien – zu verorten. Auf hintereinander gestaffelten, seriell gestalteten Montagefolien finden sich intuitiv angeordnete, gleichzeitig in geometrische Beziehungen gesetzte, linear aufgefasste, gezeichnete Quadrate – Einzelbilder, die, über Gummiringe in einen als festes Bezugssystem wirkenden Stahlrahmen montiert, als Einheit präsentiert sind. Eine Art offener Käfig entsteht, ein durchscheinender, luzider und fluider Raum, ein gleichermaßen nach innen und außen wirksames Volumen – Linien bilden dem Körper Basis. Sowohl über die Gesamtform als auch die symbolhaft als Risse von Containern interpretierbaren Zeichnungen, ebenso über das Stapelsystem und die gegensätzliche Materialität der Elemente sind Assoziation zu Bewegungsmotiven und Beziehungsgeflechten, zu Integration und Öffnung gegeben. Material und Werktitel implizieren Leichtigkeit. Die Substanz scheint ihrer Dichte enthoben, immaterielle Werte, Gedanken, stehen im Raum, deren Inhalt fern von Hierarchien als offene Assoziationen wirksam werden. Im Spannungsfeld von imaginären Sphären, Auseinandersetzung mit Normen und Proportionen, rhythmischen Strukturen, optischen Überlagerungen und Brüchen bleiben individuelle, intellektuelle Freiräume.
Elisabeth Krabichler, MA

globuli

2010, edding, montagefolie, stahlrahmen, gummiringe, 68,5 x 68,5 x 20 cm

Unter dem Neigungswinkel der eigenen Existenz, wie Grüner in Anlehnung an Paul Celan beobachtet, wird Leben zu einer Aneinanderreihung von Erfahrung, Kunst zu einem Medium poietischer Selbstreferenz. Über Installation ästhetischer Schwellen als Grenzbereiche des Sehens verdichtet der Künstler gedankliche Metamorphosen. Genese wird ihm im Sinne des der Rhetorik entliehenen Stilmittels der Anapher zu Bezugnahmen repetitiv formulierter Einheiten. In der Arbeit „Globuli“ – die im Titel implizierte Assoziation zu Homöopathie zielt auf die Relevanz von Mikro- und Makrokosmos – sind es aus hintereinander im Raum angeordneten, auf transparente Folien gezeichneten Kreisen variierender Größe aufgebaute Kugeln innerhalb einer Sphäre, die sich aus Linie, Form und Dimension speist. Die Folie wird zum Membran zwischen Kunst- und Umwelt: Als eine Illusion von Nichts begründet und fordert sie Oberfläche, Zwischen-, Objekt- und Leerbereiche – materialästhetischer Ausdruck als auch Symbolkraft halten sich die Waage. Das Ausreizen des Folienraums binnen der durch einen Stahlrahmen definierten Objektgrenze – die Kugelkonstrukte entwickeln sich von der vordersten bis in die hinterste Ebene – ist einem Taktieren mit Optionen unterworfen (für den Künstler ist es ein Jonglieren mit dem Ich). Wie so oft bei Grüner ist der Anteil von Umfeld und RezipientIn im Objektraum als bildgebende Zusatzinstanz mitzudenken. Reflektionen potenzieren sich zwischen den Folienlagen, variable Spiegelungen entstehen, deren Bildung nicht zuletzt einer der Fragilität des Materials inhärenten Beweglichkeit unterworfen ist. Das Werk öffnet sich als virtuelles Fenster. Wahrnehmung wandelt sich inmitten eines Diskurses von Illusion und gleichzeitiger Zäsur derselben zu potentieller Selbsterkenntnis.
Elisabeth Krabichler, MA

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