travelling case 1997 - 2002
in einem speditionscontainer (etui zweiter ordnung) verdichtete ich eine raumsituation.
sieben geometrische skulpturen erzeugen leere und präsenz zugleich. die materialisierung dieses themas ist als untersuchung unserer rezeption von wirklichkeit gedacht. letztendlich geht es um das kreieren von neuen räumen - oder anders - um das erinnern von formen der anderen seite.
der sitz des wächters - die wandscheibe, die säule -sie kanalisieren den blick und die schritte
die gehrungslehre - selbstreferenziell oszillierende form, ein werkzeug befindet sich in der evolutionären entwicklung auf dem weg zur form. um jedoch als werkzeug gebaut werden zu können, ist sie als werkzeug notwendig.
zentralmöbel - freistehende geometrische plastik, die dimension und rhytmik des raumes übernimmt. sie gewährt durchblicke, ist also auch focus und rahmen
die vis-a-.vis stehenden paßstücke - karrikatur eines zugabteils - sind die komplementärformen des zentralmöbels.
regal für atlanten - zweiter tribut an das reisen. hommage an die mächtigsten und schönsten bücher.
legasthenische gleichung - drei gleich große quadrate werden durch zwei =equal= zeichen zu einer erweiterten gleichung verbunden. die ungleichen abstände zwischen term und zeichen legen an sich den verdacht nahe, daß so gleich nichts ist. tatsächlich handelt es sich um ein anagramm-ähnliches spiel mit zahlen - mit den maßen der flächen und der abstände.
die siegergrube -etui für drei siegerpodeste
CHG 1997
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travelling case - wolfgang siekmann
das scheinbare paradoxon dieser arbeit besteht darin, dass der künstler etuis (behältnisse für bestimmte objekte) geschaffen hat, deren inhalt aber fehlt. diese skulpturen an sich sind interessant genug, um als rauminstallation im container ein visuelles erlebnis zu bieten. vielmehr jedoch unternimmt christopher grüner mit diesem projekt den versuch einer annäherung an die bedingungen unserer wahrnehmung, die vor allem auf erinnerung beruht. negativformen einer mehr oder weniger vertrauten dingwelt vermitteln über das arrangement im kunst-raum den eindruck eines funktionellen inventars. durch das nichtvorhandensein gewohnter gegenstände (positivformen) wird dem rezipienten eine seite seines gewohnten differenzierungsschemas geraubt - die bekannte dingwelt wird flüchtig; es entsteht eine sphäre des „vertrauten unbekannten“, in der sich andere unterscheidungsmöglichkeiten anbieten. indem die leeren etuis zugleich auf den fehlenden inhalt und dessen abdruck in der materie seiner früheren umwelt verweisen, erhalten sie in ihrer stofflichen form einen fossilen charakter. hierzu passt die metapher von der „kunsthöhle“, die sich dem besucher im halbdunkel präsentiert: „...durch die dunkelheit braucht die annäherung zeit, in der mitgebrachte vorstellungen verschwinden. gewohnte sehmuster lösen sich auf, werden durch neue ersetzt. abstände werden klar oder lösen sich vollkommen auf.“ (zitat: ch. grüner)
destinationen des travelling case von 1997 bis 2002
1997 hamburg schanzenpark, aalborg, dk, cultural night-city, prag, wenzelsplatz -ÖKI prag
1998 brüssel, innenhof des eu-ratsgebäudes,
krakau, museum moderner kunst,
zagreb, museum bunker,
sarajevo, fundament des österreichhauses
2001 kaohsiung, taiwan, museum contemporary art kaohsiung
2002 kulturverein bahnhof, andelsbuch
grenzüberschreitung zwischen kunstsystem und anderen sozialen systemen am beispiel des kunstprojektes travelling case.
vortrag im rahmen der basistage innsbruck 17.10.1997
weil christopher grüner von den örtlichen behörden keine genehmigung zum bau eines skulpturenhauses erhielt, enstand das projekt travelling case. von einem aus der not geborenen glücksfall zu reden ist vielleicht übertrieben; jedenfalls wurde auf grund der missglückten festinstallation der kunsträume von herrn grüner im ötztal die idee zum reisenden kunstcontainer, travelling case, geboren. grenzüberschreitungen wurden diesem kunstprojekt durch die äussere form, die 20-feet-box, zur notwendigen bedingung. das logistiksystem des internationalen containerumschlags wird travelling case in den kommenden drei jahren an standorte in europa und übersee bugsieren. die jeweiligen umweltbedingungen werden stark variieren - vom musealen kontext bis zur baustelle. ein reisetagebuch, das von station zu station an umfang gewinnen wird, soll die aktion dokumentieren. ermöglicht wird das projekt durch das engagement einer spedition und durch die unterstützung öffentlicher und privater förderer.
in hamburg, einem der großen containerknotenpunkte des internationalen warenhandels, lag die erste station auf der reise des kunstcontainers. hier war die rauminstallation im spätsommer auf dem vorplatz des S-bahnhofes sternschanze für drei wochen stationiert.
zunächst einige informationen zum standort: der platz bildet einen verkehrsknotenpunkt des öffentlichen nahverkehrs und markiert die eingangssituation zum schanzenpark, einer grünanlage. das ambiente des platzes ist geprägt von der öden szenerie einiger sitzbänke mit kiosk und bushaltestelle, die den erschöpften stadtmenschen zum zügigen fortschreiten ermuntert. wegen der mangelnden anziehungskraft auf das bürgerliche publikum etablierte sich in der so entstandenen nische eine sog. offene drogenszene, wie es überall in den großstädten zu beobachten ist, die eine restriktive dorgenpolitik betreiben. zum leidwesen der bürger ist dieser neue handelsplatz von allen seiten gut einsehbar, und es regte sich shon bald unmut über das dortige treiben. die weiter entwicklung ist mediengeschichte, sommerloch und wahlkampf taten das übrige, um das schanzenviertel in die negativschlagzeilen zu bringen. resultat der kampagne: verstärkung der polizeipräsenz, offener rassismus und allgemein der ruf nach law und order.
als herr grüner mich anfang des jahres bat, mich um sein projekt in hamburg zu kümmern, war der platz schon stark ideologisch aufgeladen und erschien geradezu ideal für die präsentation eines kunstraumes - nicht weil dieser aus tirol kommt, sondern weil`s eben g`paßt hat, wie man in österreich sagt. eine behutsamer eingriff in den gesellschaftlichen ausgrenzungsprozeß des öffentlichen platzes und seiner benutzer kann möglicherweise impulse für eine veränderte betrachtungsweise der dortigen probleme geben. zudem sollte die intervention mit hilfe des kunstprojektes den einseitigen informationsoutput der medien unterlaufen.
nachdem das referat kunst im öffentlichen raum der kulturbehörde hamburg seine unterstützung signalisiert hatte, zeigten sich auch andere behörden kooperativ, sodaß die realisierung schnell erfolgte. begleitet wurden die vorbereitungen von heftigen diskussionen über den standort. zweifel am gelingen des projektes wurden hauptsächlich mit folgenden einwänden geäußert: das kunstpublikum käme nicht an diesen ort, die gefahr der zerstörung sei zu groß, junkies und dealer hätten kein interesse an kunst. es sei schon jetzt bemerkt, daß keiner dieser einwände bestätigt wurde. weshalb travelling case gerade hier, in einem dem kunstsystem eher entfremdeten raum sinnvoll installiert werden konnte, läßt sich mit hilfe einer vergleichenden analyse von kunstsystemen und den es umgebenden sozialen systemen untersuchen. auch ohne die detaillierte betrachtung des verlaufs der aktion, die an dieser stelle nicht möglich ist, möchte ich die aufmerksamkeit darauf lenken, daß die ausdifferenzierungsprozesse der beteiligten systeme ähnliche strukturen bilden, deren form auf einen gemeinsamen bezugspunkt hindeudet. wir verwenden dabei einen formbegriff, der nicht auf der unterscheidung von form und inhalt beruht, sondern auf der differenz von positiv- und negativform. dieser formbegriff ist schon in den skulputen grüners angelegt, und ich werde ihn für die folgenden überlegungen benutzen. ein seitenwechsel der beobachterposition ist jederzeit möglich, da es sich um eine beobachtung zweiter ordnung handelt, oder um eine beobachtung von beobachtern.
eine umfassende darstellung des projekts wird in drei jahren wahrscheinlich eine große anzahl jetzt noch kontingenter möglichkeiten für die betrachtung bieten; deshalb ist der heutige vortrag, der auf den erfahrungen aus hamburg beruht, als versuch der annäherung an einen selbsbeschreibungsmodus von travelling case zu bewerten.
ein container ist eine kiste, in der waren von a nach b transportiert werden. er steht fast überall herum ohne besonders auffällig zu sein - packt man kunst hinein, fällt dies ebenfalls nicht auf, vorausgesetzt, dieser umstand wird nicht besonders gekennzeichnet. der container an sich ist neutral, er verweigert aufgrund seiner anonymität die kontaktaufnahme mit seiner umwelt - er ist teil von millionen gleichartiger teile, die erst in ihrer vernetzung als transportsystem ein sinnvolles ganzes ergeben. gerade das in der vergangenheit zentral diskutierte thema über kunst im öffentlichen raum, die identifikationsstiftung am ort der inszenierung, dieses thema würde wohl nur auf einem containerumschlagplatz sinn machen. einen container kann man also überall und nirgends hinstellen. während der ersten tage der präsentation in hamburg äußerten viele passanten die vermutung, im inneren befinde sich eine drogenberatungsstelle oder ein polizeiposten. in dieser phase nahm travelling case kontakt mit der unmittelbaren umgebung auf; diese zeit war für uns - vor allem für die frauen, die am container arbeiteten - die spannungsvollste, da sich nun die akzeptanz des kunstcontainers bei den leuten am platz erweisen mußte. die vermischung der szene vor ort durch ein eher bürgerliches publikum, das von außen zur kunstbetrachtung auf den platz kam, brachte keine weiteren spannungen, wie zunächst befürchtet, sondern förderte eine angenehme neutralität im personalen umfeld des containers. diese neutrale atmosphäre, die gleichsam einen schutzraum bot, ist for allem auf eine autonomie zurückzuführen, die in der nichtverortung und zeitlichen ungebundenheit von travelling case begründet ist. nicht verstanden wurde dies von einem begeisterte parlamentarier, der die installation eines bürocontainers mit beratungsstelle nach der weiterreise von travelling case an genau dem selben ort postulierte.
aber kommen wir nun zum inhalt von travelling case - im doppelten wortsinn. der betrachter befindet sich in einem dunklen raum, auf den die metapher von der kunsthöhle paßt. hierzu ein zitat von christopher grüner aus einem interview: „ ... durch die dunkelheit braucht die annäherung zeit, in der mitgebrachte vorstellungen verschwinden. gewohnte sehmuster lösen sich auf, werden durch neue ersetzt. abstände werden klar oder lösen sich vollkommen auf.“
das scheinbare paradoxon dieser arbeit besteht darin, daß der künstler etuis geschaffen hat, deren inhalt aber fehlt. diese skulpturen an sich sind interessant genug, um als rauminstallation im container ein visuelles erlebnis zu bieten. vielmehr jedoch findet hier eine untersuchung der bedingungen unserer wahrnehmung statt. negativformen einer mehr oder weniger vertrauten dingwelt vermitteln im arrangement den eindruck eines funktionellen inventars - eines zugabteils etwa. durch das nichtvorhandensein gewohnter gegenstände wird dem rezipienten eine seite des gewohnten diffenzierungsschemas geraubt, die bekannte dingwelt wird flüchtig. es entsteht eine spähre des vertrauten ungbekannten, in der sich andere unterscheidungsmöglichkeiten anbieten. indem dieser offensichtlich zwecklose raum mit den leeren etuis auf die fehlenden inhalte verweist, zugleich aber deren abdrücke als positivformen enthält, könnte man an eine fossiliensammlung denken mit relikten einer vergessenen welt. die konfrontation des betrachters unter diesen bedingungen mit den vorurteilen der subjektiven wahrnehmung und dem vorhandensein einer ziemlich unbkannten objektwelt führt zur verdichtung einer erfahrung, deren ursprünge in der psyche des einzelnen und im sozialen kontext des ortes angelegt sind: die erfahrung des fremden. gespräche mit den besuchern am container belegen dies; oft ist von der unsicherheit vor und nach dem betreten des containers die rede. einige weigerten sich trotz aufforderung hineinzugehen, andere beobachteten aus sicherer entfernung. viele, die drinnen waren, kommen mehrmals wieder - insgesamt wurden in den drei wochen 1.200 besucher gezählt. als der container, so schnell wie er gekommen war, abtransportiert wurde, blieb eine leerstelle an dem ort, wo er gestanden hatte, mit einer dunklen fläche auf dem boden, die noch längere zeit sichtbar war. fast könnte man meinen, travelling case hätte sein etui zurückgelassen, seine negativform als abdruck im zentrum des platzes.
rückblickend ist der verlauf der aktion als erfolgreich im sinne der intendierten ziele zu bezeichnen - entgegen aller prognosen war travelling case in der lage, die spannungen und konflikte der umwelt aufzunehmen, vertrauen zu schaffen und in den dialog mit gegnern und befürwortern einzusteigen. diese erstaunliche fähigkeit ist nicht allein der beruhigenden wirkung der tiefblauen fassung zuzuschreiben, sondern wohl auch der konstruktiven offenheit der skulpturen. die raumerfahrung zwischen höhlencharakter und tektonischer anlage führt den rezipienten zur eigenen phantasie, zur erinnerung des unbekannten in ihm selbst.
diese möglichkeit der erfahrung ist wiederum die voraussetzung eines sicheinlassens auf das kunstwerk. nur in dieser selbstrefenzialität der form wird der sinngehalt erfahrbar. der begriff des etuis (behältnis für sachen) ist zentral in grüners werk. er verweist auf inhalte, ohne sich auf die seite der realität zu schlagen. sein differenzierungsschema ist das der zwei-seiten-form. die materialisierung dieses themas in den skulpturen grüners ist als untersuchung unserer rezeption von wirklichkeit gedacht. letztlich geht es um das kreieren von neuen räumen - oder besser - um das erinnern von formen der anderen seite. diese grenzüberschreitungen des bewußtseins, ausgelöst durch das kunsterlebnis, reflektieren eine strategie zur selbstproduktion, die sowohl dem kunstsystem, als auch den sozialen und personalen systemen eigen ist. allerdings ist nur die kunst imstande, diesen prozeß sichtbar zu machen, weil sie außerhalb der wirklichkeit agieren muß, um ergebnisse zu erzielen. diese untersuchung des realen in hinblick auf mögliches sind der grund für die gelungene installation in hamburg. fragen nach einer zukünftigen umgestaltung des platzes unter einbeziehung der beteiligten interessensgruppen werden gestellt.; möglicherweise könnte ein pavillon für kunst und kommunikationsangebote entstehen . voraussetzung wäre allerdings eine veränderte drogenpolitik, die zur entkriminalisierung der abhängigen beiträgt. grenzüberschreitungen im polititschen system sind aber nach wie vor die ausnahme, die die regel bestätigt.
was noch bleibt, ist die interpretation der anfangs angedeuteten parallelen in den strukturellen formbildungen der beteiligten systeme, bzw. die frage nach der refernzialität in den operationen dieser.
das kunstsystem beschäftigt sich vor allem mit der produktion ästethischer formen, den modus operandi bezeichne ich als die untersuchung von wirklichkeit. in diesem verfahren ist der rezipient immer schon mitgedacht, d.h. er ist teil der form, ob dies dem künstler bewußt ist oder nicht. der rezipient ist wohl immer der blinde fleck im referenziellen bezug des kunstsystems gewesen - die fremdreferenz, die einer weiteren ausdiffernzierung im wege steht. ein möglicher ausweg aus diesem dilemma ist sozusagen als flucht nach vorne angelegt worden, indem die künstler geradezu im hinblick auf potentielle betrachter produzieren. diese arbeitsweise schafft neue diffenzierungen innerhalb des systems, die die genese struktureller formen in der weise verändern, daß der betrachter aufgefordert wird, sein vorkommen im kunstwerk zur kenntnis zu nehmen. die ästhetische form ist um eine größe erweitert worden, die außer den wahrnehmungsqualitäten auch die reflexion des rezipienten auf seinen beobachterstatus voraussetzt. steigerungsfähig ist dies verfahren noch in der interaktion von produzent und konsument (z.b. kunst im internet). solchermaßen in das kunstwerk hineingezogen, findet der betrachter sich beim simultanen beobachten seiner selbst und des kunstwerks, und benutzt damit dieselbe unterscheidung wie der produzent. die besucher von travelling case sprürten sehr schnell, daß sie ein wesentlicher bestandteil der arbeit sind; entsprechend groß war die anteilnahme in form von gesprächsbereitschaft.
interaktionssysteme bieten die chance evolutionärer entwicklungen im soziokulturellen bereich der gesellschaft. mit dem projekt travelling case hat christopher grüner zumindest in hamburg eine solche entwicklung initiiert.
literaturhinweise:julia kirsteva, fremde sind wir uns selbst, frankfurt 1990
nikolaus luhmann, soziale systeme, frankfurt 1984
die ausdifferenzierung des kunstsystems, wabern-bern 1994
hamburg 1997
copyright wolfgang siekmann
orgel und container - hannes böhringer
die scherben der antiken philosophie liegen im container der philisophiegeschichte. das fass war ein gefäß, es riskierte, das ganze, die welt zu fassen. der container enthält mengen. das gefäß gab sein inneres zu erkennen. es äußerte sich in der form des gefäßes und in der zurückhaltung durch die fassung. innen und außen waren aufeinander bezogen. der innere gleichmut des philosophen mußte sich gegen die erschütterungen von außen behaupten. der container ist ein behälter für alles mögliche. was er enthält, entlädt er. wenn er leer ist, wird er wieder mit etwas anderem beladen. die form des containers richtet sich deshalb nicht mehr nach seinem inhalt - es kann eben alles mögliche sein -, sondern nach standardmaßen, sie machen ihn stapelbar und kompatibel für verschiedene transportmittel. das äußere, das fahrzeug, das ihn transportiert, und der ort, wo er abgestellt wird, ist ihm so gleichgültig wie sein inhalt. so tendiert er zu einer möglichst neutralen form, einer „Null-Komposition“ (Buren), zur rechteckigen, gleichförmigen, stapelbaren kiste. die vier ecken seiner wände bedeuten nichts, sie sind kein quadrat, kein kosmologisches zeichen. der container ist kein “Geviert“, kein „Ding“ (Heidegger), er ist ein zwischending, der behälter zwischen fahrzeug und ladung. er erleichtert die vorübergehende beziehung zwischen ihnen, indem er sich zwischen sie schiebt. der container ist ein provisorium. vorläufig und vorübergehend ist er irgendwo hingestellt, immer fertig zum abtransport und anscheinend bereit, von etwas endgültigem abgelöst zu werden. doch das provisorium zieht sich hin. und wo immer er abgestellt wird, wirkt er wie ein magnet der gleichgültigkeit. er färbt auf ladung und umgebung ab. die dinge in und um ihn herum verlieren ihren halt aneinander, erscheinen isoliert und fremd, sie werden ebenfalls zu indifferenten behältern von austauschbaren bedeutungen, inneren funktionen und äußeren verkleidungen. der container paßt nirgendwohin, er paßt die umgebung an sich selbst an. am besten passen deshalb container zu (in-, auf- und neben)einander. der raum ist zu einem behälter geworden. jeder behälter befindet sich immer schon in einem größeren, ist immer schon äußerlicher inhalt in einem anderen behälter. der container ist die radikale indifferenz von außen und innen. und so wird er auch draußen wie drinnen abgestellt.
in umzugskisten lagern sachen, die man noch nicht wegschmeißen will. geschäfte und notquartiere werden in containern eingerichtet, solange wohnungen und geschäftsräume fehlen. der container scheint provisorische architektur zu sein. architektur ist unersetzlich und strenggenommen unverwüstlich: wohnen in der „Urhütte“ welt. die kann man nicht und muß man nicht bauen. dieser schuppen ist immer schon gebaut, man kann ihn nur dekorieren. solcher dekor ist „alpine Architektur“ (B.Taut), monumentalarchitektur. monumental aber sind nicht nur große, großartige bauten, sondern auch verzierungen und ausschmückungen, die ornamente an den alltäglichen, unscheinbaren bauten und in den wohnungen. monumentalarchitektur ist stüztenbau für die erinnerung, memento, nicht zu vergessen,daß die urhütte welt immer schon errichtet worden ist: „Erbauung“. wenn man das erfaßt hat, kann man es sich leisten, in irgendeinem faß, einem verschlag, in irgendeiner kiste unterzukommen.
aus: HANNES BÖHRINGER - ORGEL UND CONTAINER - MERVE VERLAG BERLIN