sprachgitter
mit meinen objekten und installationen untersuche ich die bedingungen und möglichkeiten der räumlichen wahrnehmung. über die auseinandersetzung mit konstruktivistischen forschungsinhalten (fraktale, selbstreferenz) und dem sprachlichen konstruktivismus in der lyrik paul celans, weitete sich der raum-begriff auf ein anderes untersuchungsgebiet aus. in den neuen arbeiten bedeutet raum nicht nur ein koordinatensystem innerhalb einer korrelierenden zeitstruktur sondern weist darüber hinaus auf die strukturell angekoppelten kommunikationssysteme, die informationen aus der umwelt codieren.
die späte lyrik paul celans ist geprägt von einer inhaltlichen referentialität, die ihren bezugspunkt außerhalb der sprache sucht. leerstellen werden hier aussagekräftiger als wörter. celan ging es primär um die andere seite des beschriebenen. sein gedicht „sprachgitter“ ist eine metapher für den versuch, die grenze zwischen beiden seiten zu bezeichnen. dieses prozeßhafte entstehen einer form über reziproke informationen, diese arbeitsmethode ist mir sehr vertraut.
mein modul ist die 3-dimensionale konstruktion eines sprachgitters und zugleich der versuch, die zugrundeliegende differenz von sichtbarem und unsichtbarem sichtbar zu machen: was zunächst wie ein grundriß, ein schaltplan oder eine beliebige geometrische grafik erscheint, irritiert durch die mehrschichtigkeit. der tektonische aufbau verzerrt die vom beobachter als statisch wahrgenommene oberfläche in die tiefe. der hintergrund schwimmt. ein visueller anreiz zum entdecken der eigenen möglichkeiten, zum kombinieren, zum vorbeiziehenlassen. sehmuster heben sich auf, stellen sich in frage.
CHG 2000
“sie kennen doch auch die erscheinung der interferenz, einwirkung zusammentreffender kohärenter wellen aufeinander. sie wissen bescheid über das dialektische übergehen und umschlagen - die wandlung ins benachbarte, ins nächstfolgende, ja oft ins gegenteilige. dem entspricht meine nur an gewissen wendepunkten, dreh-achsen, auftretende mehrdeutigkeit. sie trägt auch dem umstand rechnung, daß wir an jedem ding schliffflächen beobachten, die das ding aus mehreren sichtwinkeln zeigen, in mehreren `brechungen` und `zerlegungen`, die keineswegs nur `schein` sind. ich trachte sprachlich wenigstens ausschnitte aus der spektral-analyse der dinge wiederzugeben, sie gleichzeitig in mehreren aspekten und durchdringungen mit anderen dingen zu zeigen: mit nachbarlichen, nächstfolgenden, gegenteiligen. weil ich leider außerstande bin, die dinge allseitig zu zeigen.“
paul celan in einem interview